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Gestalterkennung und -klassifikation

Klassifikation von Formen

Im Hinblick auf die wachsende Bedeutung der Konstruktion von Produkten am Computer, ist es wichtig praktische Verfahren zu suchen, um Charakteristika von FlĂ€chen oder Körpern zu finden und diese mit wenigen Zahlwerten auszudrĂŒcken. Solch ein endlicher Zahlenvektor, die charakteristisch fĂŒr die Gestalt des Objektes ist, liefert der Laplace-Beltrami-Operator. Das sogenannte Spektrum dieses Operators ist charakteristisch fĂŒr eine FlĂ€che oder einen Körper und kann in gewisser Weise als "genetische Information" der Form (Shape-DNA) verstanden werden.

Wir konnten zeigen, dass diese Shape-DNA gut geeignet ist, um in großen CAD-Datensammlungen aus geometrischen Objekten schnell und effektiv identische und sehr Ă€hnliche Objekte zu finden. Dieses Verfahren wurde erweitert auf zweidimensionale Bilder, indem man diese als FlĂ€chen interpretiert, die aus einer Höhendarstellung resultiert. Diese Resultate sind in einem von Dr. Peinecke, Dr. Reuter und Prof. Wolter entwickelten internationalen Patent beschrieben.

Idee des Laplace-Operators

Inspiriert wurden diese technischen Suchverfahren, die in den Bild- oder 3D-Objekt-Datenbanken der modernen Ingenieurswelt oder auch der medizinischen Bildverarbeitung verwendet werden können, von Theorien der reinen und angewandten Mathematik, die in den letzten sechzig Jahren entstanden sind.

Die Kernidee dieser Theorien kann man sich an einer, in einen ebenen Rahmen fest eingespannten Trommelmembran veranschaulichen. Das Klangspektrum, genauer die Eigenfrequenzen solch einer Trommel, werden maßgeblich von der Gestalt ihres Rahmens beeinflusst. Es war sehr lange ein offenes Problem, ob die Gestalt des Trommelrahmens durch die Eigenfrequenzen der Trommel bestimmt wird, d.h. ob man aus ihren akustischen Eigenschaften die Gestalt des Trommelrahmens hören kann. Die Eigenfrequenzen sind die Wurzeln der Eigenwerte des Laplace Operators bei dem fĂŒr geschlossene Randkurven in der Ebene definierten Dirichletschen Randwertproblem. Die lange Zeit offene Frage war also, ob hier die Eigenwerte des Laplace Operators - also sein Spektrum - die Gestalt der Randkurve genau festlegen.

Es hat sich schließlich herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Dennoch konnten wir zeigen, dass es mit den in der Patentanmeldung vorgeschlagenen Verfahren, unter Verwendung eines bequem berechenbaren Teils des Spektrums des Laplace- oder allgemeiner des Laplace-Beltrami-Operators gut möglich ist, identische oder sehr Ă€hnliche FlĂ€chen, Körper und Bilder schnell und zuverlĂ€ssig in grossen Datensammlungen zu finden.

Ein praktisch wichtiger Aspekt dieses Verfahrens ist dabei, dass die verwendete charakteristische "Shape DNA" völlig unabhĂ€ngig davon ist, in welcher Darstellung die Gestalt einer FlĂ€che beschrieben ist. Das bedeutet, es spielt keine Rolle, durch welche spezielle Methode eine FlĂ€che als Punktmenge (approximativ) modelliert ist, weil diese "Shape DNA" eine invariante KenngrĂ¶ĂŸe ist, die nur von der Geometrie der FlĂ€che abhĂ€ngt. Diese Invarianz-Eigenschaft erlaubt es auch, durch 3D-Scans, (bzw. Fotografien) entstandene Kopien der FlĂ€chen (bzw. der Bilder) mittels "Shape DNA"-Vergleich schnell zu entdecken. Sie ermöglicht weiterhin eine QualitĂ€tskontrolle der GĂŒte der Kopien, die z.B. beim Fertigungsprozess fĂŒr Freiformbleche im Karosseriebau anwendbar ist.

Geometrische Informationen im Spektrum

Herr Reuter konnte in seiner Dissertation ebenfalls zeigen, dass es effektiv numerisch möglich ist, aus den erwĂ€hnten Eigenfrequenzen bzw. Eigenwerten auf einem PC die LĂ€nge der Randkurve einer schwingenden Trommel, oder allgemeiner, die LĂ€nge der Randkurven zum jeweiligen Spektrum gehörigen FlĂ€che zu bestimmen. Obwohl man seit ca. fĂŒnfzig Jahren wusste, dass diese geometrische Information in den Eigenwerten enthalten sein muss, gab es kein Verfahren zur Berechnung dieser LĂ€ngen und anderer geometrischer GrĂ¶ĂŸen, wie z.B. dem FlĂ€cheninhalt der Trommel aus den Eigenwerten. Dies wurde erst durch Herrn Reuters Dissertation möglich, die gemeinsam mit Herrn Peineckes Dissertation neue Wege fĂŒr die Erkennung und Charakterisierung von FlĂ€chen, Körpern, Bildern und deren Verallgemeinerungen in modernen virtuellen Welten der Wissenschaft und Technik aufzeigt.

 

Arbeiten

Top | Letzte Änderung 29.06.2010 | Verantwortlich Philipp Blanke
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